Maria Almana: Mein Kompass ist der Eigensinn*

Ich kenne Maria Almana schon eine Weile. Ich kenne sie als wortstarke und als enthusiastische Frau. Als kluge und als humorvolle Frau. Als warmherzige und als mutige Frau. Ganz klar, dass ich jetzt auch unbedingt ihre eigensinnige Seite kennenlernen wollte. (Wobei – bei Licht besehen wusste ich schon, dass sie eigensinnig ist. Ich hab nur nie drüber nachgedacht und das Wort auch so gar nicht in meinem aktiven Gebrauchswortschatz. Schon gar nicht in dieser positiven Konnotation, wie sie schon der Titel und das Cover dieses ersten Bandes der Almana-Trilogie vermitteln.)

Apropos Cover – die liebevolle und äußerst sympathische Illustration auf dem Titelbild verdient unbedingt Erwähnung. Sie stammt aus der Feder von Dr. Susanne Taggruber, deren Kunst man unter https://sudelsurium.de/ näher bewundern kann. Sie verleiht diesem Sachbuch von vorneherein eine Leichtigkeit, ermutigt quasi zum Aufschlagen des Buches, sie suggeriert: Komm nur näher. Es erwartet dich garantiert keine Langeweile.

„Für alle, die anders sind. Wir sind viele.“

Und so ist es dann auch. Man schlägt das Buch auf und das erste, was mir ins Auge fiel, war die Widmung: „Für alle, die anders sind. Wir sind viele.“ Viele? Gehöre ich selbst möglicherweise auch dazu? Ich hab mich das noch nie gefragt – spielt Eigensinn bei meinem Tun eine Rolle? Und was ist das überhaupt genau, dieser Eigensinn?

Als hätte Maria Almana das gewusst, dass man sich solche Fragen stellt, beginnt sie ihr Buch dann auch mit einem „Blick auf den Eigensinn“ und klärt diese Frage sofort im ersten Kapitel, in dem sie fragt: „Sind Sie eigensinnig?“

Es folgen ca. 15 Oberkapitel mit jeweils etlichen kürzeren Unterkapiteln, in denen die Autorin den Eigensinn auf alle nur denkbaren Arten untersucht, eingrenzt, abgrenzt, beschreibt und bewertet. Das klingt möglicherweise ein wenig ermüdend, ist es aber ganz und gar nicht. Denn Maria Almana wechselt sehr geschickt zwischen den Textsorten, zwischen Beispielen, Zitaten, Erklärungen, Theorien, Frage-Spielen hin und her, dass es eine Freude ist. Sogar unterschiedliche Buchgenres nimmt sie in punkto Eigensinn unter die Lupe. Sogar das Genre Wörterbuch kommt vor. Darüber will sie erklärtermaßen gar nichts sagen. Am Ende ist dieses Unterkapitel – typisch Almana – dann doch eine Seite lang. Und man hat dieses „Gar nichts“ mit echtem Interesse gelesen und dabei sogar noch noch was gelernt. So macht Sachbuchlesen Freude.

„Mein Kompass ist der Eigensinn“ ist eines der lebendigsten und zugleich persönlichsten Sachbücher, das ich je gelesen habe. Spannend auf seine Art. Eigensinnig eben.

Maria Almana
“Mein Kompass ist der Eigensinn – Ermutigung zum eigensinnigen Schreiben“
tredition Verlag
ISBN 978-3-347-01828-0
Erhältlich überall im Buchhandel, bei tredition und hier in der Autorenwelt

 

 

Noch mehr Eigensinn gefällig? Dann bitte hier entlang.

*Unbezahlte Rezension - dennoch als Werbung zu kennzeichnen.

Inspirierendes Geschichtenbuch aus Mönchengladbach

Foto: Detlef Ilgner

Ich bin in Brüggen geboren und habe – abgesehen von meinem dritten Lebensjahrzehnt – immer in dieser Region gelebt. Ich kenne Mönchengladbach also vom Einkaufen, von Theater- und Kulturveranstaltungen, vom Fußball und ein paar Jahre habe ich sogar mal mein Büro in dieser Stadt gehabt. Eine Stadt, die ich ehrlich gesagt gar nicht so richtig als Stadt wahrgenommen habe. Nicht in dem Sinne, dass man sich mit ihr auseinandersetzt, dass man sie kennenlernen und erleben möchte. Für mich war Gladbach eben die nächstgrößere Ansiedlung zu meinem Wohnort Waldniel – der Ort, wo man erledigt und besorgt, was es auf dem Dorf nicht gibt, nicht besonders schön, eher im Gegenteil, ohne viele Highlights, keine Stadt, die ich meinem Besuch von außerhalb zeigen würde. (Ausnahme: Museum Abteiberg!)

Und dann erscheint da so ein Buch, auf dessen Klappentext steht:

„Entdecken Sie 111 Orte in Mönchengladbach, an denen die Stadt ihre Seele zeigt.“

111 Orte? 111? Wo sollen die denn sein?
Und Seele? Mönchengladbach hat eine Seele?
Pfff.

Aber Garnet Manecke und Vera Anders haben mich mit ihrem nun in der emons-Reihe erschienenen Buch „111 Orte in Mönchengladbach, die man gesehen haben muss“ (Keine Ahnung übrigens, warum der Verlag auf all seinen Covern aufs Komma verzichtet.) eines Besseren belehrt. Aber so was von. In ihrem Vorwort schreibt Garnet Manecke, dass ich mit meiner – um es mal drastisch auszudrücken – arroganten MG-Ignoranz gar nicht so allein dastehe. Offenbar wurde den Autorinnen im Vorfeld auch von anderen diese Skepsis entgegengebracht, dass es in Mönchengladbach unmöglich 111 Orte geben könne, mit denen man ein solches Buch füllen kann.

Tolle Orte, tolles Konzept

Aber man kann. Und zwar auf äußerst unterhaltsame Weise. Es liegt auch am Konzept dieser Buchreihe – und ich bin sicher, das ist eine Erklärung für ihren großen Erfolg – dass man sie gerne liest. Jede Geschichte besteht aus einer Doppelseite – eine Seite Text, eine Seite Bild mit den wichtigsten Daten und noch einem weiteren Tipp. So gesehen – hat das eigentlich jemals jemand gesagt? – es sind 222 Orte in MG, die dieses Buch vorschlägt.

Schon das Inhaltsverzeichnis macht Spaß zu lesen. Witzigerweise alphabetisch hüpft man da durch Mönchengladbachs Stadtteile hin und her. Wer jetzt denkt, dass man die doch besser nach Lage in Gruppen zusammengefasst hätte – nicht nötig. Denn für die Planung eines Ausflugstages gibt’s im Anhang des Buches äußerst praktische Stadtpläne, in denen die Orte – jeder hat eine eindeutige Nummer – eingezeichnet sind.

Manche Orte, wie zum Beispiel die Kaiser-Friedrich-Halle, die man vielleicht erwartet, findet man nicht in diesem Buch. Warum auch? Die ist sicher schon in diversen anderen Büchern vorhanden. Andere prominente Gebäude wie das Münster oder Schloss Wickrath haben Einzug gefunden, allerdings meist mit Details, die man sonst so nicht erwähnt findet oder die man auch als Mönchengladbacher vielleicht noch gar nicht wahrgenommen hat.

Meine Lieblingsorte

Mir persönlich haben die Orte am besten gefallen, die im Grunde gar keine sind. Gruby, der Papiercontainer, die Lichthof-Werbung, die alte Tanke, der kitschigste Blumenladen, den ich kenne oder – als Tipp am Rande – das Schlagloch.  Oder die, die davon erzählen, dass Pilates und auch die soziale Gesetzgebung in Mönchengladbach erfunden wurden. Und dass man über den „Mittelpunkt“ von Mönchengladbach, über „die wahre Stadtmitte“ irgendwo mitten auf einem Acker im Nirgendwo eine ganze Seite schreiben kann, die man vom ersten bis zum letzten Satz aufmerksam durchliest, zeigt vor allem eines: Garnet Manecke kann schreiben! Sie überzeugt mich hier als wunderbare Geschichtenerzählerin.

Überhaupt ist das der wahre Reiz dieses Buches – es sind gar nicht die Orte selbst, es sind die Geschichten, die die Autorinnen von diesen Orten erzählen. Die Geschichten, die diesen Orten und damit der Stadt Mönchengladbach die Seele einhauchen, die es verdient auf den Klappentext dieses Buches geschafft hat.

Reiseführer? Geschichtenbuch!

Vielleicht ist es der oder dem ein oder anderen aufgefallen, dass ich das Buch an keiner Stelle in meinem Beitrag „Reiseführer“ nenne. Das ist kein Zufall. Für mich ist es kein Reiseführer. Reiseführer liest, wer eine Stadt besucht, wer sich nicht auskennt, wer Orientierungshilfe auf fremdem Terrain braucht. Dieses Buch aber können alle lesen. Die, dich sich auskennen, werden garantiert (!) Dinge entdecken, die sie noch nicht kannten. Die, die sich nicht auskennen, werden Lust bekommen, Mönchengladbach zu besuchen und kennenzulernen. Und selbst die, die Mönchengladbach weder kennen, noch vorhaben, jemals hinzufahren, könnten dieses Buch mit Gewinn lesen. Denn in erster Linie lehrt es seine Leser*innen eines: Wo auch immer du lang gehst, welchen Ort, welche Stadt du auch besuchst, schau ganz genau hin. Überall gibt es Dinge zu entdecken, die ihre Geschichte erzählen wollen. Mich inspiriert dieses Buch total zu einem neuen Hobby: Geschichten suchen.

Garnet Manecke, Vera Anders
111 Orte, die man in Mönchengladbach gesehen haben muss
240 Seiten
Emons Verlag 2019
ISBN: 978-3740806064
€ 16,95

 

Dieser Beitrag ist keine bezahlte Rezension. Es gibt Bücher, die müssen einfach besprochen werden. Werbung aus Überzeugung eben.

 

Blogpost Anatomie: Content Hacks to Go – das Workbook

Moving Target hieß das Blog, das ich immer las, geschrieben von einer gewissen Melody aka Carola Heine. Dieses „Internettagebuch“ faszinierte mich und eines Tages nach der Jahrtausendwende war klar: Ich will auch so ein Weblog.

Mein erstes Blog war das TXT-Guckloch und leider existiert es heute nicht mehr. Aber alles, was ich seither – also in den letzten knapp 20 Jahren – in Sachen Blogs getan, geschrieben, gepostet habe, geht auf diese Anfänge zurück. Und auf Workshops  bei Carola Heine, sowie auf ihre unzähligen privaten Tipps, Hinweise und Hilfestellungen. Längst habe ich das Bloggen professionalisiert und schreibe auch für Kundinnen und Kunden in deren Blogs regelmäßig. Man sollte also meinen, ich weiß schon alles, was Carola Heine in ein Buch übers Bloggen schreiben könnte.

Trotzdem liegt nun hier das Workbook zu „Blogging für Profis – Blogpost Anatomie – Content Hacks to Go [1] auf meinem Schreibtisch. Mir war klar, wenn Carola Heine aus ihrem unfassbar großen Erfahrungsschatz schöpft, sind sehr viele Dinge dabei, die auch einer alten Häsin wie mir sehr sehr dienlich sein können. Es ist kein Buch für Anfänger*innen, sondern richtet sich an professionelle Blogger*innen. Ein Nachschlagewerk für Profis und ein Praxishandbuch mit vielen hilfreichen Checklisten, Hinweisen zur optimalen Semantik und ultimativen SEO-Tipps. Dieses Workbook motiviert, sich sofort hinzusetzen und alle wichtigen Blogpostings zu überarbeiten. Weil dafür aber vermutlich keine Zeit ist, will und wird man es zumindest ab sofort noch besser, noch durchdachter, noch effizienter machen.

„So bloggen Profis“ ist ein Kapitel im Workbook überschrieben. Das könnte auch der Titel des gesamten Buches sein, denn wer dieses Workbook durchgearbeitet hat und seine Tipps und Ratschläge beherzigt, kann sich mit Fug und Recht Profi nennen.

Neben den Inhalten gefällt mir übrigens der Schreibstil der Autorin ganz besonders. Sie schafft es, dass ich sogar einen Text über HTML, Keyword-Platzierung oder Open-Graph-Tags von Anfang bis Ende durchlese. Das liegt vor allem daran, dass sie kein Wort zuviel schreibt. Das ist die ganz große Stärke der Autorin: Da wird nicht viel drumherum getextet. Carola Heine kommt auf den Punkt.

5 Sterne und absolute Kauf- und Leseempfehlung.

Ich wurde für diese kleine Rezension nicht bezahlt, weder mit Geld, noch mit Buch, aber manche Bücher müssen empfohlen werden. Es handelt sich also um Werbung aus Überzeugung.


Blogging für Profis: Blogpost-Anatomie
Content Hacks to go 1: WORKBOOK
Effiziente Blogpost-Briefings. Erhöhte Online-Sichtbarkeit. Erfolgreicher bloggen.
Taschenbuch, 120 Seiten, 18. Juli 2019
ISBN: 978-3948033095
€ 19,99

 

Rezension: Buchgenres kompakt*

“Buchgenres kompakt – Handbuch der Genres von Actionthriller bis Zeitgeschehen” – „Was es nicht alles gibt“, das war mein erster Gedanke, als ich von diesem Buch erfuhr. Ein Buch über Buchgenres. Was sollte man darüber schon schreiben? In meinem Kopf gab es Liebesromane, Historienromane, Krimis, Thriller, Science fiction, Fantasy, Sachbücher, Biografien. Fertig. Also um es sehr vereinfacht mal zusammenzufassen. Mir war klar, dass es da noch die ein oder andere Unterart oder den ein oder anderen Ableger geben würde. Aber ein ganzes Buch mit nix als Buchgenres? Man merkt meinen Gedanken nicht an, dass ich in grauer Vorzeit mal Germanistik studiert habe, oder? ;-) Aber vielleicht war es dann doch das germanistische Interesse, dass mich neugierig werden ließ auf dieses neue Buch der Schreibtrainerin Anette Huesmann.

Mit akribischer Sorgfalt hat sie ein Nachschlagewerk geschaffen, in dem Interessierte von Actionthriller bis Zeitgeschehen nahezu 100 Genres ausführlich erläutert bekommen, weitere 80 Genres und Subgenres werden uns in Stichworten vorgestellt und wir lernen fast 200fach, dass es für jeden Begriff auch immer noch Synonyme gibt.

Das Buch gibt wirklich einen umfassenden Überblick über die Genres und zeigt noch etwas: es liegt nicht an mir, wenn ich in der Vergangenheit beim ein oder anderen Buch nicht sicher war, in welche Schublade ich es stecken soll. Denn – auch das zeigt Huesmanns intensive Auseinandersetzung mit dem Thema – Genres sind bei weitem nicht immer eindeutig. Überschneidungen oder Zweifelsfälle sind völlig normal.

Gut gefallen hat mir, dass Anette Huesmann nicht nur auflistet, sondern die Genres detailliert beschreibt: Charakteristik, Entstehung, Besonderheiten. Ihre ausführlichen, aber dennoch nicht ermüdenden Erläuterungen rundet sie mit Beispielen für das jeweilige Genre ab. Und so weiß ich jetzt, um nur ein Beispiel zu nennen, dass man Bücher wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ dem Genre Entwickungsroman zuordnet und zwar – um genau zu sein – dem bisher nie gehörten Subgenre ‚Sick-Lit‘.

Am Ende des Buches gibt es sinnvollerweise einen Index mit alphabetischer Nennung sämtlicher Genres, Subgenres und Fachbegriffe. Wenn man diese Begrifflichkeiten dann so geballt dort aufgelistet sieht, könnte man sich schon bei dem ein oder anderen Wort fragen: Meinen die das ernst? Bumbling Detective Mystery, Cli-Fi, Chick-Lit, Flintlockfantasy oder eben das schon erwähnte Sick-Lit. Und bei Gartenkrimi, Genusskrimi, Gerichtskrimi, Häkelkrimi oder Friedhofkrimi denk ich schon ein bisschen: man kann’s auch übertreiben mit der Klassifiziererei. Andererseits – warum nicht? Autoren und Autorinnen (Anette Huesmann hätte hier auch noch das * verwendet, sie gendert korrekt Autor*innen) könnten diesen Index durchaus zur Inspiration nutzen. Wie wäre es mit einem Schwimmbadkrimi oder mit einem Weinbergthriller als Untergenre zum Regionalkrimi?

Die Autorin Dr. Anette Huesmann hat mit diesem Buch ein sehr gut strukturiertes Nachschlagewerk geschaffen, in dem man sich festliest, wenn man etwas nachschlägt. Vor allem die Entstehungsgeschichten fand ich oft spannend. Ich habe vieles erfahren, das ich vorher noch nicht wusste.

Wenn man mich nun fragt: Brauche ich dieses Buch? dann würde ich antworten: Ja, wenn du dich im Dschungel der Buchgenres orientieren willst, wenn du noch sehr viel mehr Genres kennenlernen möchtest, als du bisher schon kanntest und ja, vor allem dann, wenn du Autor oder Autorin bist und dein eigenes Werk besser und präziser zuordnen möchtest. Außerdem erfährst du auch, warum eine klare Genrezugehörigkeit von den Lesern und Leserinnen oft belohnt wird und kannst Rückschlüsse ziehen, warum sich ein zu lockerer Umgang mit dem Thema Genre durchaus negativ auf den Absatzdeines Buches auswirken könnte.

Das Titelbild dieses Handbuchs der Genres wurde übrigens perfekt gewählt. Es ist – einem sachlichen Nachschlagewerk angemessen – zurückhaltend und dennoch ausdrucksstark. Ein aufgeschlagenes Buch, dargestellt als astronomisches Universum mit einer Galaxie aus vielen großen und noch sehr viel mehr kleinen Planeten und Sternen. Eine galaktische Welt, so unüberschaubar, wie ganz offensichtlich auch die Welt der Buchgenres. Dr. Anette Huesmann hat sich in diese Welt, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, ;-) vorgewagt und lässt uns mit ihrem Buch nun teilhaben an den Ergebnissen ihrer Reise.

Foto: Book on demand

Anette Huesmann: Buchgenres kompakt. Handbuch der Genres von Actionthriller bis Zeitgeschehen, Norderstedt 2019, BoD Books on Demand, ISBN 978-3-74814511-0, Softcover, 188 Seiten, Format: 14,8 x 1,1 x 21 cm, Buch: EUR 14,99, Kindle: EUR 9,99.

 

 

 

 

 

 

 

Werbung: Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Rezension: Liebe geht durch den Garten*

Coverfoto: (c) DIANA-Verlag

Die alleinerziehende Anna lebt mit ihren beiden Söhnen in der Stadt. In der Dachgeschosswohnung, die für die freiberufliche Illustratorin zugleich auch Homeoffice ist, träumt sie von einem Leben im Grünen. Nachdem ihre Nachbarin und Vermieterin ihr vom Gärtnern im Kleingartenverein vorgeschwärmt hat, geht ihr ein eigener Garten nicht mehr aus dem Kopf. Sie pachtet einen verwilderten Schrebergarten und freut sich auf so idyllische wie entspannte Stunden im Grünen.

Aber vor die Idylle hat der Gott des Gartens erst mal viel und harte Arbeit gesetzt. Das Gartenhäuschen ist nicht nur kaputt, sondern auch total zugemüllt, der ganze Garten ist komplett verwildert, die Hecke braucht dringend einen Schnitt und Anna ist von all der Arbeit völlig überfordert. Auf Unterstützung aus dem Freundeskreis hofft sie vergeblich und ihre Söhne spielen lieber am Computer als im Garten. Doch dann taucht der Gartennachbar Paul auf. Der äußerst attraktive Mann bietet Anna seine Hilfe an. Aber es gibt noch mehr Nachbarn in der Kleingartenanlage. So auch die Anwältin Dr. Sabine Rodenberg. Sie interessiert sich ebenfalls sehr für den schönen Paul und erscheint für Annas Geschmack immer im falschen Moment auf der Bildfläche. Der Kampf um die Liebe des schönen Nachbarn beginnt.

„Liebe geht durch den Garten“ ist Ulrike Hartmanns Debüt-Roman. Und ich nehme es vorweg – es ist ein durchweg gelungenes Debüt. Warum? Weil dieser Roman einfach mit jeder Zeile überzeugend klingt. Man nimmt der Protagonistin Anna und auch allen anderen Figuren ihre Rollen einfach ab. Die Autorin muss eine sehr feinfühlige Beobachterin sein und zeichnet die Charaktere extrem glaubhaft. Wir haben alle jeden dieser Typen schon mal erlebt und deshalb fühlt man sich in jeder Situation irgendwie live dabei.  Außerdem glaube ich zwischen den Zeilen gelesen zu haben, dass Ulrike Hartmann selbst auch schon einmal einen Garten bestellt hat. Denn einen solchen Roman kann nur schreiben, wer das Gärtnern wirklich liebt.

Ihr Stil ist locker und leicht, so muss ein Unterhaltungsroman klingen. An vielen Stellen musste ich schmunzeln und manchmal hab ich sogar laut gelacht. Insgesamt ist es eine liebevolle, sprachliche Leichtigkeit, die die Leserin gefühlvoll durch diesen Roman trägt. Ein besonders kurzweiliger Roman, man möchte ihn gar nicht mehr aus der Hand legen, wenn man einmal angefangen hat. Es war irgendwie anders als bei ähnlichen Büchern. Ich hab mich die ganze Zeit gefühlt, als wäre ich dabei, als säße auch ich mitten in diesem Garten. Und da bleibe ich jetzt ganz einfach sitzen und warte. Auf das nächste Buch von Ulrike Hartmann.

*Werbung: Der Diana Verlag hat mir dieses Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Ulrike Hartmann
Liebe geht durch den Garten
Roman
München 2019
Diana Verlag
ISBN 978-3-453-35991-8
€ 9,99

Buchtipp: Dornröschen, wir müssen reden!*

Eigentlich müsste ich diesen Satz zu meiner Ideenschmiede im Kopf sagen: „Hey du, wir müssen reden! Warum zum Kuckuck hatte Nina Bodenlosz diese großartige Idee, die ich doch gerne gehabt hätte? Denn genau das hab ich ehrlich gedacht, als ich diesen Titel „Dornröschen, wir müssen reden!“ hörte und vor allem diesen Untertitel zum ersten Mal las: „Märchen, die sich neu erfunden haben.“ Ich war schon begeistert von diesem Buch und hatte doch noch keine einzige Zeile gelesen. Was muss das für einen Spaß gemacht haben, altbekannte, und auch leicht verstaubte Märchen umzuschreiben und sie mit einer neuen Botschaft zu versehen.

Getan hat dies Nina Bodenlosz, wenn sie auch auf dem Klappentext behauptet, sie habe die 14 Märchen mit neuem Inhalt einfach so vorgefunden. Heißt es doch da:

„Nina Bodenlosz schlägt ihr altes Märchenbuch auf und stellt fest: Nichts ist mehr so, wie es gewesen ist. Hier ist der Beweis: 14 Märchen, die sich neu erfunden haben. Die Frau auf dem Turm wartet vergeblich auf Rettung, Prinzessinnen wollen ohne Mann regieren oder lieber mit einem Krimi ins Bett, Rumpelstilzchen liebt die Müllerstochter und Falada, das sprechende Pferd, kann einfach das Maul nicht halten.“

Dieses Märchen kann sie gerne ihrer Großmutter erzählen, ich bin sicher, dass diese Nina Bodenlosz diese Geschichten höchstpersönlich umgeschrieben hat. Ist schließlich nicht das erste Mal, dass sie schreibend in Erscheinung tritt.

Alte Geschichten voller Gegenwart

Dornröschen, Rapunzel oder Rumpelstilzchen und 10 weitere bekannte Märchen (wer jetzt denkt, ich kann nicht bis 14 zählen: Dornröschen kommt zweimal vor)  – die Autorin erzählt all diese Märchenklassiker neu und mit wunderbar selbstbewusstem, weiblichem Humor. Rapunzel ist mit grauen Haaren eindeutig Ü50 und durchaus in der Lage, sich selbst zu befreien. Rumpelstilzchen ist verknallt, Prinzessinnen sind alles andere als zarte, gekrönte Zauberwesen. Und König Drosselbart lernt, dass Frauen lieber bescheiden für sich selbst sorgen, als mit einem zwar stinkreichen, aber selbstherrlichen und selbstverliebten Despoten zusammenzuleben.

Aber es steckt noch mehr Neues in den alten Märchen als „nur“ die Emanzipation, wenn sie auch einen großen Raum einnimmt. Die Autorin trägt weitere Themen der Gegenwart in diese Geschichten aus unseren Kindertagen: Fakenews, Korruption oder das Gehabe von so manch narzistischem Herrscher unserer Tage – die Gegenwart ist präsent in diesen umgeschriebenen alten Geschichten, die in moderner Sprache sowieso gar nicht mehr altmodisch daherkommen.

Dezente, unaufdringliche, aber dennoch eindringliche Illustrationen, gezeichnet von Katarina Pollner, adeln die Texte und geben ihnen zusätzliche Ausdruckskraft. Die einzelnen Geschichten haben Vorlese- oder Bettlektürenlänge. Aber Achtung: Man kann trotzdem nicht nach einer Geschichte aufhören. Mir zumindest ist es so gegangen – ich wollte unbedingt wissen, was mich denn beim nächsten Märchen erwarten würde. Und so liest man sich Märchen für Märchen durch diese Texte und ehe man sich versieht, hat man ein ganzes Märchenbuch gelesen. Denn ja – genau das ist dieses Buch: ein Märchenbuch. Geschichten von früher sind jetzt Märchen von heute. Nina Bodenlosz hat es geschafft, so viele Jahrzehnte, ja Jahrhunderte nach Grimm, Andersen oder Bechstein, deren alte Märchen neu zu erzählen und uns damit zu zeigen: Es gibt immer einen Weg, mit seinem Leben das zu tun, was man möchte. Und sei es auch nur von morgens bis abends Netflix zu schauen. Das Bodenlosz’sche Dornröschen hat es vorgemacht.

Geschenktipp!

Wer noch für die ein oder andere Freundin eine Geschenkidee sucht, der oder die hat sie mit „Dornröschen, wir müssen reden!“ gefunden. Ein ideales Buchgeschenk. Aber Achtung: Selfpublishing. Das Buch ist erschienen bei tredition – wer es bestellt, muss mit ein paar Tagen Lieferzeit rechnen. Also am besten JETZT SOFORT bestellen, wenn man es Weihnachten verschenken will.

Und noch ein Tipp: Das Buch ist erhältlich als eBook, Paperback oder Hardcover. Aber hey – es ist ein Märchenbuch. Ein solches Buch braucht ein festes Cover und vor allem ein Lesebändchen. Ich würde ein solches Buch immer in einer Hardcover-Version verschenken. Macht mehr her und passt einfach besser.

“Dornröschen, wir müssen reden!” von Nina Bodenlosz ist im tredition Verlag oder alternativ unter der ISBN 978-3-7469-6537-6 überall im Buchhandel erhältlich.

*Werbung aus Überzeugung. Ich wurde für diese Rezension nicht bezahlt.