Klaust du noch, oder textest du schon?

Vermutlich erwartet mich jetzt eine Abmahnung, weil ich nicht so ohne weiteres den IKEA Claim für eine Headline verhunzen darf. Aber – so habe ich heute gelernt – Claims sind per se nicht schützenswürdig. Zu geringe Schöpfungshöhe. Klar, sind ja meistens auch nur ein paar Worte. Schnell aufgeschrieben.

Heute hat ein Richter in einem deutschen Kammergericht befunden, dass der Beklagte zwar Texte geklaut habe, aber diese Texte nicht die notwendige Schöpfungshöhe erreichten und somit nicht schutzfähig seien. Sie seien eben gut. Gutes Handwerk. Aber das reicht nicht. Oder anders – dann darf man sie klauen.

Ich übersetze mal: Mein Nachbar hat sein Dach von einem Dachdecker decken lassen. Gute Arbeit, gutes Handwerk. Ich will auch so ein Dach. Das ganze Dach darf ich nicht klauen. Aber drei Ziegel – so für den Anfang, das müsste doch gehen. Ich mein – drei Ziegel sind schnell auf so ein Dach gelegt. Geringe Schöpfungshöhe. Macht also nix, wenn ich die mitnehme.

Ja. So sieht sie aus, die Rechtsprechung in Sachen Urheberrecht in diesem Land. Gesprochen von Richtern mit dem Nachnamen Ahnungslos.

Eine Freundin musste diese Kröte heute schlucken. Aber wenn ich mir angucke, was seither im Texttreff los ist, dann wage ich die Prognose, dass dieses Urteil keine Niederlage, sondern eine Initialzündung war.

Ich werde mich in Zukunft nun erst recht wehren, wenn ich mal wieder beklaut werde. Und wenn die deutschen Richter nach allen Regeln der Kunst formulierte Texte “mit aufwendiger Konzeption, die hinter der Form verschwindet”, als nicht schützenswürdig empfinden und höchstoffiziell für den Diebstahl frei geben, dann kann man einfach nur weiter kämpfen für das Recht des Urhebers.

Verstärkend werde ich in Zukunft die Öffentlichkeit nutzen. Klar gesagt – wer meine Texte klaut – und seien es auch nur Absätze mit so genannter zu geringer Schöpfungshöhe – landet immer noch vor Gericht und – im Blog. Das ist meine Pflicht als Dienstleisterin: Kunden schützen vor Leuten, die nix können. Außer klauen.

8 Kommentare
  1. Susi sagte:

    ja, ich bin auch immer noch sprachlos. Und erwäge tatsächlich einen weiteren Anlauf vor einem anderen Gericht.

    Gott sei dank habe ich noch ein paar Wochen Zeit mir das zu überlegen.

  2. Christian sagte:

    Hm, das scheint an dem Tag heute zu liegen. Ich habe gestern entdeckt, dass jemand meine Firmenwebsite komplett als “Inspiration” genommen hat – meine Texte dabei teilweise 1:1 und mein Layout geringfügig (und schlecht) abgewandelt übernommen hat.
    aber alles eben genau so abgewandelt, dass es schwer würde, ihn wirklich zu belangen.

  3. Biggi sagte:

    Also Christian, das klingt so, als würdest du die Achseln zucken und denken: man kann eh nichts machen…

    Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt…. oder wie ging der Spruch aus meiner Jugend? ;-))

    1:1 Übernahme von Texten würde ich einfach nicht dulden.

  4. Christian sagte:

    Nein, das denke ich nicht – ich hab nur heute gelernt, dass es rechtlich schwer & unsicher sein würde.

    Das ist das eine – das andere aber ist:
    Das wird mich aber nicht von anderen Wegen abhalten – aber dafür warte ich jetzt noch zwei Tage bis Brief & Rechnung nicht mehr nur wutgesteuert, sondern eher vernunftdiktiert sein werden.

  5. Michael Doepke sagte:

    Angeregt durch Deinen Beitrag habe ich nachgeschaut und auch eine nahezu 1:1 Kopie einer meiner Seiten entdeckt. Und ich verkaufe mich nun wahrlich nicht als Texter.

    Dann werde ich mal surfen und lernen gehen, was nun zu tun ist.

  6. Christian sagte:

    @Michael: ich bin gerade frisch rechtlich informiert – Du kannst mich gerne mal anschreiben, bin zwar Samstag & Sonntag nicht da, aber danach kann ich gerne mal gucken…

Kommentare sind deaktiviert.