Reich-Ranicki und der deutsche Fernsehpreis
Eigentlich wollte ich ja nicht darüber schreiben, haben ja heute wirklich genug Leute getan. Ich habs gestern gesehen, fand die Sendung auch kreuzlangweilig und den “Eklat” gar nicht so spektakulär. Ich mein, is klar, Reich-Ranicki ist einer der intellektuellesten Intellektuellen unseres Landes, was er Literatur nennt, versteh ich meistens gar nicht ;-) – schon richtig – was soll er beim deutschen Fernsehpreis?
Auch richtig – ein Preis, der DSDS zur besten deutschen Unterhaltungssendung wählt, disqualifiziert sich selbst. Da hätte es schon eine Kategorie “Bester Trash” geben müssen. Nix gegen Trash – ist manchmal herrlich entspannend. Ich bügele am liebsten vor “Nur die Liebe zählt”. ;-)
Und dann stolperte ich über einen Link zu Elke Heidenreich in der FAZ. Bis heute mochte ich Elke Heidenreich sehr. Aber was sie da abgelassen hat, das lässt mich doch fassungslos zurück. Ich hatte nicht erwartet, dass sie so selbstverliebt sein kann und – ja – auch so unhöflich. Man kommt nicht absichtlich eine Stunde zu spät. Da bin ich altmodisch. Und Knüwer hat schon Recht – wenn ihr ihr Arbeitgeber derart auf den Geist geht, warum kündigt sie dann nicht?
Erst danach las ich dann Thomas Knüwers Beitrag zu dieser “Affaire”. Er nennt es richtig: Sturm im Wasserglas. Und weil das endlich ein Beitrag zur Sache ist, der mir gefällt, blogge ich nun doch noch über Reich-Ranicki und den deutschen Fernsehpreis. Bei dem ich übrigens nur eine einzige Auszeichnung nachvollziehen konnte, die der Reporterin in Birma.
Das soll nun alles nicht heißen, dass ich Reich-Ranickis Kritik nicht nachvollziehen kann. Der Mann hat Recht. Er gehörte nicht in diese Reihe, der Abend war kreuzlangweilig, die meisten Auszeichnungen keine Auszeichnung wert und überhaupt ist Fernsehen schon lange nicht mehr das, was es mal war oder nie gewesen ist. Aber das weiß man doch. Das ist kein Eklat, sondern schlicht Fakt.
Deutsche Fernsehunterhaltung ist nun mal keine akademische Bildungsveranstaltung. Ist es nie gewesen. Nur deshalb konnten doch Nischenprogramme wie arte oder 3-sat ihren Platz finden. Damit die Literaturnobelpreisversteher auch mal was zu gucken haben und nicht immer nur lesen müssen. ;-)
Hallo Biggi, mir geht es wie Dir: eigentlich wollte ich mich mit der Sache gar nicht weiter befassen. Ich hab’s dann natürlich doch nachverfolgt, inklusive der Diskussion, ob der Auftritt denn nun geplant/inszeniert gewesen sei oder nicht … who knows? Zufälligerweise startete der gestrige Fernsehabend in der ARD sehr niveauvoll und war im weiteren Verlauf sehr aufschlussreich: Zuerst die Dürrenmatt-Verfilmung, dann unsere Kanzlerin, die sich bei Sarah Palin abgeschaut hat, wie man Fragen nicht beantwortet und die auf mich nicht den Eindruck gemacht hat, als hätte sie alle Vorgänge wirklich verstanden, anschließend ein Beitrag in FAKT, der mich aufklärte, dass der Untersuchungsausschuss über die Pleite der Sachsen LB sich für ganz viel Geld von den Verursachern der Pleite beraten lässt und als krönenden Abschluss noch Friedrich Merz, der als Anwalt für Investmentfirmen arbeitet und als Abgeordneter Gesetzte für dieselben beschließt und behauptet, da sei überhaupt kein Interessenskonflikt erkennbar, denn er handele ja ausschließlich nach seinem Gewissen. Fazit: Die simple und finale Erkenntnis, dass es noch genügend Geschichten vom Pferd gibt, die alle noch erzählt werden müssen. Der Jahrmarkt wird nicht geschlossen, alle Karussells drehen sich weiter und es werden auch noch ein paar neue dazugestellt. That’s just the way it is, some things will never change! Ich frage mich nur, ob ich dafür wirklich noch Gebühren zahlen will oder mich nicht doch endlich mal simpel und final von der Flimmerkiste trenne.
Ja Birgit, das mit den Gebühren ist das wirklich einzig Ärgerliche. Dass man für so viel Mist auch noch bezahlen muss. Ich möchte den Fernseher eigentlich nicht abschaffen. Aber ich würde ein “pay per view”-System begrüßen. Ich zahle gerne dafür, wenn ich was gucke. Aber eben auch nur dann und nur das.
Ich bin nicht besonders informiert, aber ich weiß, dass Doctor`s Diary einen Preis bekommen hat und die Serie war ziemlich cool! ;)
Hallo Jana,
stimmt, die haben auch was gewonnen. Jetzt wo du es sagst. :-) Und Maike hat sich auch darüber gefreut. Aber ich muss dir leider sagen, ich kenne Doctor’s Diary gar nicht. Vorher nie gehört und schon gar nicht gesehen…
och Frau Heidenreich kann ich mit dem zu spät kommen verstehen. Immer nur im Rampenlicht, jede Geste jeder Gesichtsausdruck wird gefilmt, schauderhaft und sie ist ja auch keine Schauspielerin , sie ist Heidenreich…authentisch.
doch hat das gesprochene Wort nicht auch etwas mit dem geschriebenen gemein?..na ja Nobelpreise wollen wir auch nicht alle naselang im Fernsehen !
Aber schön war es schon den alten Meister der Ironie und des scharfen Wortes so erzürnt zu sehen!
LG Bonafilia
Also ich hab an dem Abend genau rechtzeitig umgeschaltet und von der Gala nur den Eklat gesehen – ob es nu einer war oder nicht. Und ich empfand Herrn Reich-Ranickis Worte durchaus erfrischend, als beherztes Aufbäumen von einem mutigen alten Mann, dem es nicht drauf ankommt, gemocht zu werden. Und Recht hat er allemal mit seiner Medienkritik, Bildungsauftrag quo vadis kann man schon mal fragen. Ich mag ja Seichtes zur Entspannung, aber eben bewusst geguckt, mit ein wenig wissenschaftlicher Distanz, sozusagen.
Jedenfalls fand ich nicht nur Elke Heidenreichs Reaktion klasse, sondern auch ihr Zuspätkommen. Wer sagt denn, dass man sich so etwas in ganzer Länge antun muss, wenn man nicht will? Sie hat zu den ersten vier Reihen ja Wahres gesagt.
Nachdem ich schon vor der Ausstrahlung den FAZ-Beitrag gelesen und für gut befunden hab, als gesundes Rappeln im Karton, fand ich jetzt den Nachklapp nicht weniger stark.
Eigentlich doch nichts anderes als eine Adaption der Textguerilla, die TV-Guerilla, oder? :-)))