Honorar dem Kunden überlassen?

Ich bin im Newsletter-Verteiler von Martin Röll. In ganz unregelmäßigen Abständen informiert er darüber, was er gerade so macht oder was so ansteht. Vor einigen Tagen kam mal wieder einer. Darin bewirbt er u.a. eine Neuauflage seines Seminars “Consulting Verkaufen”. Ich hab auf den Link zur dazugehörigen Website geklickt und gelesen. Unter dem Stichwort `Honorar` ist dort zu lesen:

Mein Honorar liegt in ihrem freien Ermessen. Ich empfehle einen Betrag zwischen 600 und 1200 Euro.

Und nun frage ich mich: Ist das eine gute Idee? Klar, Martin Röll wird kalkuliert haben, 600 braucht er mindestens, 1200 wäre der Mercedes, und vermutlich werden die meisten 800 zahlen, weil niemand als Wenigzahler gelten möchte… So gesehen, eine gute Idee.

Aber ist das gut und richtig so?

 

Für mich hat das was von einem Basar. Also ich weiß ganz genau, was welche meine Leistungen kostet. Das heißt nicht, dass ich nicht mal entgegen komme oder zu Verhandlungen bereit bin. Aber eine angebotene und somit ja einkalkulierte Differenz von 600 Euro finde ich schon seltsam. Wenn man so verfährt – und es sich leisten kann! – dann sollte man auch wirklich dem Kunden das Zepter übergeben und sagen:

Zahlen Sie, was es Ihnen wert ist.

Das aber kann sich vermutlich kaum jemand leisten… 

11 Kommentare
  1. Christian sagte:

    Die Bezahlung dem Kunden ganz zu überlassen ist zwar irgendwie ene schöne Idee, weil sie dem Kunden ja auch dazu bringt, sich mit dem Wert der Leistung wirklich auseinander zu setzen – bei manchen Kunden wünsche ich mir das schon mal – aber auch ziemlich mutig.

    Ich mache das im privaten Bereich, wenn mich Freunde ansprechen, ob ich ihnen “mal eben” was helfen kann. Laptop installieren, Fotos machen, WLAN einrichten oder so.
    Das sind dann Menschen, die sich die Stunden, die ich bei ihnen verbringe oft nicht leisten könnten.
    Und so habe ich mir angewöhnt, denen zu sagen, sie sollen sich was überlegen. Dann beginnen die nämlich oft das erste mal über den Wert dieser Stunden nachzudenken und jeder kann was tun, was ihm auch passt.
    Essen gehen, mir meine Esstisch-Stühle leimen, mich auf eine Fanta4-Backstage-Party einladen. Das ist alles schon vorgekommen und ich finde, damit fahre ich total gut :)

  2. Thomas H. Lemke sagte:

    Spannende Frage, Frau Mestmäcker: Was ist denn gut und richtig? Wer soll denn das beurteilen?

    Die gleiche Leistung oder das gleiche Produkt in verschiedenen Umfeldern zu verschiedenen Preisen anzubieten, ist ja üblich. Manche Anbieter geben Kriterien vor, nach denen unterschiedliche Preise gelten (Studenten, Arbeitlose, sogenannte Selbstzahler bei Angeboten für Firmen etc.). Warum aber soll der Anbieter sich Kriterien überlegen, die in der Praxis dann doch zu zweifelhaften Ergebnissen führen?

    Beispiel: Der wohlhabende Student mit eigenem Einkommen bekommt den ermäßigten Preis. Der frische Einzelselbständige mit negativem Einkommen zahlt den höheren Firmenpreis.

    Wenn man Vertrauen zu seinen Kunden hat, kann man diese dann auch gleich selbst einschätzen lassen, wie sie den Wert der Leistung sehen und wie ihre Verhältnisse sind. Entgegen Ihrem Vorschlag, würde ich dabei aber schon auch eine Zahl zur Orientierung nennen, da bei vielen Dienstleistungen der Wert für den Kunden nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist.

    Ich nenne meinen Kunden/Klienten in der Regel einen Preiskorridor. Innerhalb dieser Spanne vereinbaren wir einen Preis, der dann allerdings für die Zusammenarbeit fest gilt. Die Kunden nutzen dabei die ganze Bandbreite. Einige sagen offen, daß sie sich an der Untergrenze einordenen wollen, andere vergleichen mit ihren eigenen Preisen und ordnen sich dann an der Obergrenze ein. Im Durchschnitt komme ich ziemlich genau beim Mittelwert heraus.

    Ich komme damit gut zurecht, kann aber durchaus damit leben, daß Sie es anders machen.

    @Pepino:
    Dem Kunden offen zu kommunizieren, daß er selbst entscheiden kann, was er zahlt, ist natürlich etwas anderes, als sich um die “Preisfrage” zu drücken, einfach zu arbeiten und zu warten, was kommt.

  3. Biggi sagte:

    Hallo Herr Lemke,

    ich hab doch gar nicht geschrieben, dass ich es anders mache? Genau genommen, hab ich überhaupt nicht geschrieben, wie ich es mache. Ich hab lediglich das Modell von Herrn Röll zur Diskussion gestellt, weil ich es spannend finde.

  4. Thomas H. Lemke sagte:

    Ich lese da mehr, als nur ein Beispiel, welches neutral zur Diskussion gestellt wird. Ich lese hier und da auch eine Stellungnahme, eine Meinungsäußerung, also die Teilnahme an der Diskussion – was ich ja sympathisch finde…

    Ihre Bemerkung: “Das heißt nicht, dass ich nicht mal entgegen komme oder zu Verhandlungen bereit bin.”, habe ich so verstanden, daß Sie in den meisten Fällen nicht entgegenkommen und nicht zu Verhandlungen bereit sind. – Das ist nach meinem Eindruck anders, als das, was ich beschrieben habe. Da wird immer verhandelt .

    Und Ihre Bemerkung, man solle dann doch lieber dem Kunden das Zepter übergeben, deute ich so, daß Ihnen diese Lösung näher liegen würde, als die von Herrn Röll.

    Darauf bezieht sich mein Satz mit dem “anders machen”.

  5. Biggi sagte:

    So gesehen haben Sie Recht Herr Lemke!
    Nur – verhandelt werden meine Preise eigentlich immer. Es gibt Zugeständnisse, Rabatte und vieles mehr. Allerdings gibt es eine kalkulierte Basis und die steht. Denn es braucht einfach einen gewissen Stundensatz, um wirtschaftlich zu bleiben. Und da fand ich die Spanne von 600 Euro einfach sehr groß und kann mir die nicht so richtig erklären. Für mich heißt das, das entweder 600 Euro hoffnungslos unterbezahlt ist, was sich aber niemand leisten kann. Im Umkehrschluss ist dann 1.200 ziemlich teuer… Vielleicht gilt aber auch das Solidarprinzip: Die Reichen zahlen die Armen mit. :))

  6. Thomas H. Lemke sagte:

    Sicher, die Spanne ist sehr groß. Bei dem Angebot handelt es sich ja allerdings um ein Seminar mit mehreren Teilnehmern. Da dürfte der erzielte (Mittel-)Wert also deutlich von 600 oder 1200 abweichen. Damit wird die Spanne kleiner und das Risiko der Unterbezahlung minimiert.

    Nun ist Herr Röll ja der Begriff Web2.0 bekannt und er hat schon etwas vom Long-Tail gehört. Wenn man das nun etwas kreativ auf Preisgestaltung anwendet, könnte man vielleicht auch sagen: Er nimmt nicht nur den großen Haufen (Mittelteil) mit, der vielleicht 800 – 1000 Euro als Preis angemessen fände, sondern öffnet sich auch in den Randbereichen: für die Menschen, die nur 600 ausgeben wollen als auch für die, unter deren Würde es wäre, an einem “Billigseminar” für unter 1000 Euro teilzunehmen.
    Vielleicht ist das ja seine soziale Ader und seine private Art von Umverteilung. Vielleicht möcht er jedoch auch, mit den “Reichen” mitfühlend, denen eine Möglichkeit geben, von seinem Seminar in hohem Maße zu profitieren, indem sie viel dafür bezahlen. Getreu dem abgewandelten Motto: Was viel kostet, ist viel wert.

    Ich finde die hohe Spanne interessant.
    Bei meinen Coachings begegnen mir immer wieder Menschen, die bereit sind, ihre kalkulierten Preise nach unten zu öffnen, dabei jedoch im Gegenzug die Öffnung nach oben vergessen. Damit gehen die durchschnittlich erzielten Preise natürlich in Richtung Keller.
    Dabei hat ein Experiment klar gezeigt, daß ein Öffnen nach oben durchaus mehr Einnahmen bringen kann: Bei einem Event mit verschiedenen Preisen (Geringverdiener, Normalzahler, Förderbeitrag) wurde der Förderbeitrag geändert von “200 €” in “200 € oder mehr”. Durch die zwei Worte gingen Beiträge mit bis zu 50% Aufschlag (300 €) ein. Man hatte bisher nur die, die weniger bezahlen wollten, mit Aufmerksamkeit bedacht, die Bedürfnisse derer, die gern mehr bezahlen wollten, jedoch glatt unter den Tisch fallen lassen – wahrscheinlich, weil man sich nicht vorstellen konnte, daß es solche Bedürfnisse gibt.

  7. Martin Roell sagte:

    Als ich, als ich das Seminar zum ersten Mal anbot, keine Preisempfehlung gab, wirkte das fuer manche Teilnehmer sehr verstoerend. (Das erzielte Honorar war auch nicht befriedigend.) Die Empfehlung und Spanne sind dieses Mal ein Experiment. Ich sehe die Gefahr, damit sowohl unten, als auch oben abzuschneiden (und gerade oben waere das bloed), aber ich denke, dass ich damit leben kann. Wer wirklich viel mehr geben will, kann das tun, das mache ich schon klar genug. :) Und nach unten bleibt es eh offen – das kostet eine einzige E-Mail, um nachzufragen.

    Ich will also genau das, was Du unten schreibst: “Zahlen Sie, was es Ihnen wert ist” (das mache ich auch bei Beratungs- und Vortrags-Auftraegen so. Wer nicht 100% zufrieden ist, bekommt sein Geld zurueck.). Gleichzeitig will ich aber einen Hinweis geben, dass man dabei durchaus vierstellig (und nicht zweistellig) denken sollte. (Zumindest *einmal* *denken*. Was man dann zahlt, kann was ganz anderes sein). Nun, mal schauen, was das dieses Mal wird. :) Das Seminar ist diesen Freitag. Vier Teilnehmer. Ich freu mich drauf.

    (Entschuldigung fuer alle Tippfehler – ich schreibe das hier von einem etwas ulkigen Computer in einem Koreanischen Motel aus, auf dem Deine Website nicht richtig gerendert wird.)

  8. Biggi sagte:

    Ich glaub Susi, das heißt einfach, dass irgendwas nicht richtig dargestellt wird.
    Aber da meine Zielgruppe nicht gerade in Korea sitzt, reicht mir, wenn meine Seiten für IE und Firefox Germany optimiert sind. :))

  9. Biggi sagte:

    Dann reiche ich mal schnell die Spezialfeile für hochgerollte Fußnägel rüber. :)

    Wollt nur sagen – ist mir wumpe, wie man in Korea meine Website sieht. Glaube zudem, dass meine Seiten technisch und optisch ziemlich gut sind. :)

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