Kassen leer – Köpfe auch? Muss Kommunalwahlkampf ideenlos sein?

Vor einigen Wochen rief mich der Spitzenkandidat einer Partei aus einer Nachbargemeinde an. Er wolle seine und die Chancen seiner Partei durch eine professionelle Gestaltung und Formulierung seiner Publikationen erhöhen. Er wolle wirklich knackige Aussagen… So weit, so gut. Meine spontane Reaktion: Seine Chancen würde er ganz sicher nicht durch peppige Werbesprüche verbessern. Die Wähler wollten Glaubwürdigkeit und keine Persilsprüche. Dennoch – wir mailten, telefonierten, ich überarbeitete in ersten Ansätzen seine Entwürfe – und erst dann (mein Fehler!) sprachen wir übers Geld. Seine Reaktion ließ mich verärgert zurück. Sie seien ja nur eine kleine Kommunalpartei, man habe nur 1000 Euro Wahlkampfbudget gehabt. Und das sei längst aufgebraucht. Damit war – wie man sich leicht denken kann – die Zusammenarbeit beendet, bevor sie begonnen hatte. Schade eigentlich, denn ich hätte durchaus auch ein paar Low – oder sogar Now Budget-Ideen auf Lager gehabt.

Heute morgen wurde ich bei der Zeitungslektüre wieder an diesen “Kunden” erinnert. Wenn Politik nichts kosten darf lautet die Headline eines Artikels zum Thema Kommunalwahlkampf in unserer Tageszeitung: “Nah am Bürger. Kompetenz und Klarheit. Gemeinsam packen wir`s an. Die meisten Wahlslogans sind austauschbar und nichtssagend. Nur wenige Kandidaten machen konkrete Aussagen. Weil Kommunalpolitiker in Zeiten leerer Kassen nicht mehr viel gestalten können?” Der Autor berichtet ausführlich und stellt einzelne Wahlkampfmaßnahmen vor. Eine Idee (die einzige!) besticht durch ihre Klarheit, Einfachheit und vor allem durch Sparsamkeit. Winfried Kroll, SPD-Kandidat für den Mönchengladbacher Stadtrat, hat aus der Not eine Tugend gemacht. Er hat seine Plakate selbst getextet und sich 70 verschiedende Slogans ausgedacht, die er mit dickem Filzschreiber selbst auf die Blankoplakate seiner Partei geschrieben hat. Und hat sie dann dort aufgehängt, wo der Slogan besonders passt. Wo er den Bürger am ehesten erreicht. Anspricht.

Tempo 30 jetzt! hängt in dem noch nicht verkehrsberuhigten Wohngebiet. Einzelhandel stärken! fällt in der Haupteinkaufsstraße der Stadt auf, in der viele Ladenlokale leer stehen. Wie viel glaubwürdiger wirken solche Plakate im Vergleich zu einem der Konkurrenz: Der FDP-Kandidat verspricht hochglänzend lächelnd: Mehr Wohlstand. Mehr Sicherheit. Mehr Lebensqualität. Und das in Zeiten wie diesen… Die Bildunterschrift ist passend gewählt: “Ein Engel schafft den Himmel auf Erden. Wahlwerbung wie aus dem Satiremagazin.”

Neben solchen plakativen Sprüchen ohne Gehalt wirken die selbstgeschriebenen Plakate des Stadtratskandidaten Kroll wohltuend aufrichtig. Ein schönes Beispiel, dass Werbung, die ankommt, nicht immer viel kosten muss.